Bolletik - Part 18

posted by Bela on 2006/09/24 21:56

[ Bolletik ]

Jó reggelt, Magyarország, Guten Morgen, Ungarn

So der Slogan der FIDESZ zu den Kommunalwahlen. Und tatsächlich als würde dieses Land endlich aufwachen: Seit einigen Tagen hat man das Gefühl, dass in vielen Bereichen ein Umdenken stattindet, klarere Worte, scharfe Analysen, und es gibt wieder so was Straße, und man weiß auch wieder das die Polizei ist, was sie ist. (Gestern, Samstag Abend, war Budapest um zehn übrigens wie leergefegt, bin in das "Haus der Liberalen" gegangen, ahnend, dass die faschistischen Randalierer, da was machen wollen, um Viertel elf hat man uns rausgehaut, zugemacht – feige – heute habe ich gelesen, dass man in der Nahct fünf Personen vor dem Haus festgenommen hat). Selbst das Staatsfernsehen trägt plötzlich die Züge eines öffentlich-rechtlichen Fernsehens, die Zivilgesellschaft ist erschienen (nicht am Kossuthplatz - Ungarisches Paradoxon: Diese organisiert sich nicht auf der Strasse, sondern in anderen Räumen, die STrasse ist von den extremistischen politischen Parteien besetzt. Die Explosion lag schon länger in der Luft - auch wenn diese vielleicht in die Hände der Rechtsextremisten spielt, ja von ihnen angefacht wurde. Na ja, Explosion war's auch nicht, ein Feuer einmal. Wie's weitergeht, wird die Zukunft zeigen. Am Kossuth-Ter sind die Wahnsinnigen versammelt, fordern eine verfassungsgebende Nationalversammlung, Alt-KPler Pozsgay tanzt wieder vorbei, auch der National-Sozialist Mátyas Szűrös – und FIDESZ-Vizepräsident Pál Schmitt (das ist der Sekretär des Ungarischen Olympischen Komitees , der 1984 für den Boykott der Olympischen Spiele in LA gesorgt hat – und damit wohl viele SportlerInnenkarrieren zerstört hat) spricht – als Privatmann vor der Menge – wo inzwischen Freibier und –gulasch verteilt wird.

Bin aber trotzdem optimistisch: Hinter all dem kann sich etwas formieren, was neu ist. Vielleicht. So geht es nicht weiter, oder wenn, dann geht es das nächste Mal noch ärger rund, denn dann werden auch ganze soziale Schichten unruhig, nicht nur wie jetzt jene, die paradoxerweise vom Sparpaket wohl am wenigsten spüren werden: Die randalierende Borugeoisie – als hätte sie nicht genug randaliert in diesem Land.

Wahnsinnig geblieben sind die Politiker: Gyurcsány faselt herum, bei Demszky kriege ich das Gähnen, immer dasselbe Gesülze – Unterschied zu Gyurcsány ist wohl nur, dass dieser selbst zugegeben hat anderthalb Jahre nichts getan zu haben, während Demszky es wohl selbst nicht weiss, dass er sechzehn Jahre nichts gemacht hat.

Ja, Orban sagt gerade im Interview, alles sei eine "Provokation", alle Parteien würden nun ihren parteipolitischen Nutzen aus der Sache ziehen wollen, allein die FIDESZ nicht – und dann fordert er alle auf bei den Kommunalwahlen FIDESZ zu wählen, die Kommunalwahlen zu einer Volksabstimmung über Gyurcsány zu machen – und der TV2-Reporter schaut und schaut... aber zum Glück kommt eine Werbepause.

Zwei interessante Artikel: Einer von Eszter Babarczy Geständnis von der Barrikade, in dem sie über die jugendlichen Randalierer und deren Verzweiflung und Sprachlosigkeit berichtet und ihr eigenes Dilemma im Umgang mit diesen, ein zweiter von Péter Esterházy Auch wir sind die politische Elite", in dem er auf das Paradoxon hinweist, dass in der Gyurcsány-Rede der König selbst gesagt habe, er sei nackt – und was sich daraus ergebe.


Antworten

Budapest

A picture from the heydays of liberal Budapest - when a whole (though short) underground line could be built within two years. And M1, the famous "Földalatti", Budapest's yellow line, still works. I have never seen this image of the construction on Andrássy before, so be full of admiration - and I am not telling your where it is from...

The M1-line so is a memento to both: a liberal mayor (for what Budapest was capable of) and the Siemens company, who more than a hundred years ago was capable of producing faultless underground trams (not like today's Combino crap...)

Budapest has – together with St. Petersburg and Vienna – one of the largest tramway networks of the world. The tramway type "UV" – standing for "Új villamos - New tramway" and pictured above – was designed in the early forties and is still a symbol for Hungary's once high-tech railway-carriage industry. With the arrival of the new low-floor-trams in spring 2006 – built by Siemens in Vienna and not too beautiful – this landmark of Budapest will vanish from the cityscape.
György Petri: Imre Nagy

Du warst unpersönlich wie die anderen bebrillten Führer
im Sakko, deine Stimme war nicht metallen,
denn du wußtest nicht, was du eigentlich sagen solltest,
so unvermittelt den vielen Versammelten. Gerade das Plötzliche
war ungewohnt für dich. Du alter Mann mit dem Zwicker,
ich hörte dich, ich war enttäuscht.
Ich wußte noch nichts

vom Betonhof, wo der Staatsanwalt
das Urteil gewiß heruntergeleiert hat,
ich wußte noch nichts von der groben Reibung des Stricks, von der letzten Schmach.

Wer will sagen, was sagbar gewesen wäre
von jenem Balkon aus, Möglichkeiten, unter Maschinengewehren
verfeuert, kehren nicht zurück. Gefängnis und Tod
wetzen die Schärfe des Augenblicks nicht aus,

wenn der eine Scharte bekommen hat. Aber wir dürfen uns erinnern
an den zögernden, verletzten, unentschlossenen Mann,
der gerade seinen Platz zu finden schien,

als wir davon aufwachten,
daß man unsere Stadt zerschoß.

Übersetzt von Hans-Henning Paetzke

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